Bei dem Kauf einer Immobilie kann es leicht nach dem Kauf und nach der Übergabe des Hauses zu Streitigkeiten zwischen dem Käufer und dem Verkäufer kommen.
In der Regel geht es dabei um (angebliche) Mängel des Hauses, die der Verkäufer nach Auffassung des Käufers arglistig verschwiegen hat. In dem Kaufvertrag einer Gebrauchtimmobilie ist in der Regel ein Haftungsausschluss für Mängel der Immobilie enthalten. Der Käufer kann in dem Fall Mängelrechte gegen den Verkäufer nur geltend machen, wenn er ihm Arglist beweisen kann.
Im nachfolgenden Fall des Oberverwaltungsgerichts Oldenburg geht es um einen solchen Hauskauf. Einige Zeit nach Erwerb des Grundstücks und Gebäudes haben die Käufer gegenüber den Verkäufern den Rücktritt vom Verkauf erklärt und den Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten. Das Oberverwaltungsgericht Oldenburg hat hierzu folgende Ausführung getroffen (Urteil vom 01.10.2020, 1 U 122/19):
„Die zulässige Berufung (eingefügt: Der Käufer) hat in der Sache keinen Erfolg.
Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Berufungsangriffe der Kläger verfangen nicht.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Es ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kläger gegenüber dem Beklagten wegen der von ihnen behaupteten Mängel des streitgegenständlichen Einfamilienwohnhauses keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Grundstücksvertrages und auf einen Ersatz ihrer geltend gemachten Kosten haben.
Der Senat vermag weder festzustellen, dass die Kläger wirksam gemäß §§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440 BGB wegen des Vorliegens von Sachmängeln von dem zwischen den Parteien geschlossenen Grundstücksvertrag zurückgetreten sind noch dass dieser gemäß § 142 Abs. 1 BGB infolge der von den Klägern nach § 123 Abs. 1 BGB erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nichtig ist. Denn es steht nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass die Beklagten in Bezug auf das streitgegenständliche Wohngebäude aufgetretene und aufklärungspflichtige Sachmängel arglistig verschwiegen haben.
A) Nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB haben der Verkäufer-hier die Beklagten- dem Käufer-hier den Klägern-die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
Da eine Beschaffenheit des Gebäudes nicht vereinbart und es sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung, nämlich als Wohnhaus, nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB eignet, ist hinsichtlich der Mangelhaftigkeit gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf eine bei Gebäuden der gleichen Art übliche und vom Käufer zu erwartende Beschaffenheit abzustellen. Maßstab ist hierbei die objektiv berechtigte Käufererwartung, die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert, d. h. welche Beschaffenheit einen Durchschnittskäufer „nach der Art der Sache“ erwarten kann (vergleiche Weidenkaff in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 434 Rn. 25 FF).
Bei älteren Gebäuden -wie bei dem streitgegenständlichen – nach dem schriftlichen Sachverständigengutachten im Jahr 1969 erbauten Einfamilienhaus- stellen Feuchtigkeitserscheinungen nicht immer einen Mangel dar. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (vergleiche BGH, Urteil vom 16.03.2012-V ZR 18/11-, Juris mit weiteren Nachweisen).
Dabei ist unter anderen von Bedeutung, welcher Zustand bei der Besichtigung erkennbar war und wie stark eventuelle Feuchtigkeitserscheinungen sind, weil die Verwendbarkeit der Sache je nach Art und Ausmaß der Feuchtigkeitserscheinungen unterschiedlich in Mitleidenschaft gezogen wird und der Rechtsverkehr bei älteren Häusern von vornherein nicht die heute gültigen Trockenheizstandards erwartet (vergleiche BGH, Urteil vom 15.06.2012-V ZR 198/11-, Juris = BGHZ 193, 326; BGH, Urteil vom 27.03.2019-V ZR 30/08-, Juris = BGHZ 180,205; BGH, Urteil vom 07.11.2008-V ZR 138/07-, Juris, jeweils mit weiteren Nachweisen).
……. Es ist nicht als Sachmangel des Wohnhauses im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB anzusehen.
Dies umso weniger, als die nach dem Vertrag vorausgesetzte bzw. gewöhnliche Verwendung des Wohnzimmers nicht eingeschränkt ist (vergleiche BGH, Urteil vom 07.02.2009-V ZR 30/08-, Juris = BGHZ 180,205).
… Die Beklagten können sich hinsichtlich dieses Mangels aber auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen, denn die Kläger habe nicht bewiesen, dass jene diesen Mangel arglistig verschwiegen haben (§ 444 BGB).
Das Tatbestandsmerkmal der Arglist in § 444 BGB erfasst nicht nur ein Handeln des Verkäufers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „für Möglichhaltens und Inkaufnehmens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss. Voraussetzung für ein vorsätzliches Verschweigen eines Mangels bzw. Arglist ist aber stets, dass der Verkäufer den konkreten Mangel kennt oder zumindest für möglich hält. Es genügt weder, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen von Tatsachen hätte aufdrängen müssen, die einen Mangel begründen, noch genügt fahrlässige Unkenntnis (vergleiche BGH, Urteil vom 16.03.2012-V ZR 18/11-, Juris; Weidenkaff in Palandt, BGB, 79. Aufl., 2020, § 444 Rn. 11 jeweils mit weiteren Nachweisen).
Es kommt hinzu, dass, selbst wenn das arglistige Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels der Kaufsache im Sinne von § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB unterstellt würde, die Kläger nach § 437 Nr. 2 i.V.m. § 323 BGB allein deshalb nicht berechtigt wären, von dem streitgegenständlichen Grundstücksverkauf zurückzutreten. Denn ein solcher Mangel wäre nicht als nicht unerheblicher Mangel im Sinne von § 323 Abs. 5 S. 2 BGB zu qualifizieren. Die Erheblichkeitsprüfung nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB erfordert eine umfassende Interessenabwägung, bei der vor allem der für die Mängelbeseitigung erforderliche Aufwand zu berücksichtigen ist. Wenn die Kosten der Beseitigung mindestens 5 % der vereinbarten Gegenleistung ausmachen, ist insofern die Erheblichkeit eines Mangels regelmäßig zu bejahen (vergleiche Grüneberg in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 323 Rn. 23 mit weiteren Nachweisen).
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Wie bereits ausgeführt worden ist, begründet nicht jede Feuchtigkeit, insbesondere und vor allem nicht in Nebenräumen eines Hauses, ein Sachmangel, sondern es kommt auf die Umstände des konkreten Falles an. Im Einzelnen ist von Bedeutung, ob das Haus in einem sanierten Zustand verkauft wurde, der Nebenraum Wohnzwecken diente, welcher Zustand bei der Besichtigung erkennbar war und wie stark die Feuchtigkeitserscheinungen sind (Vgl. BGH, Urteil vom 16.03.2012-V ZR 18/11-, Juris; BGH, Urteil vom 09.02.2018-V ZR 274/16-, Juris jeweils mit weiteren Nachweisen).
Gemessen daran ist die Feuchtigkeit in der Garage nicht als Sachmangel anzusehen. Das Wohnhaus nebst Anbau, der im Jahr 1970 errichtet wurde, wurde nicht in einem sanierten Zustand verkauft. Dies ist ausdrücklich in § … des notariellen Grundstückskaufvertrages ausgeführt, wonach dem Erwerber-d. h. den Klägern-bekannt ist, dass das Gebäude im Jahr 1970 errichtet und seitdem nicht mehr in der grundlegenden Bausubstanz erneuert wurde. Wie der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat, sind die Durchfeuchtungen konstruktiv, Baujahr bedingt begründet. Weiter geht es nicht um Räume im Wohngebäude, sondern um die Garage. Die in dem Anbau gelegene Garage wurde auch als solche, d. h. Abstellplatz für Fahrzeuge bzw. Abstellraum und Werkstatt, genutzt. Aus ihrer konkreten Nutzung und ihrem Ausbauzustand ergibt sich-wenn wie hier nichts anderes vereinbart ist-die vertraglich vorausgesetzte Verwendung (vergleiche BGH, Urteil vom 16.03.2012, V ZR 18/11-, Juris). Insofern handelt es sich bei der Garage also um einen untergeordneten Raum, der nicht zu Wohnzwecken dient und in der daher generell kein Wohnklima herrscht bzw. erwartet werden kann. Die Garage wurde auch nie beheizt. … Aus alldem ergibt sich, dass die Kläger nicht unbedingt davon ausgehen und erwarten durften, dass die Räume trocken sind; sie mussten vielmehr damit rechnen und hätten bei einer genauen Besichtigung erkennen können, dass es zu gewissen Feuchtigkeitserscheinungen kommen kann bzw. bereits gekommen ist.
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Der Senat schließt sich nach eigener, eingehender Prüfungen den Ausführungen der Sachverständigen an. Der Sachverständige ist Diplom-Ingenieur, Architekt und von der IHK öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden. Zweifel an den Fachkenntnissen und der besonderen fachlichen Kunde des Sachverständigen bestehen nicht. Auch die Parteien haben seine Sachkunde nicht angezweifelt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass er nicht die nötige Kompetenz für die Gutachtenerstattung aufbrächte. Mit dem schriftlichen Gutachten sowie den mündlichen Erläuterungen und Ergänzungen steht eine in sich geschlossene aussagekräftige Bewertung der entscheidungsrelevanten Tatsachen zur Verfügung. Die gutachterlichen Ausführungen des fachkundigen Sachverständigen knüpfen dabei an die richtigen Tatsachen an. Seine qualifizierten Feststellungen und Wertungen lassen keine Anhaltspunkte zutage treten, die Zweifel an der Richtigkeit seiner Ergebnisse zulassen würden und die daraus gezogenen Schlüsse infrage stellen könnten. Die Darlegungen des Sachverständigen sind verständlich, in sich schlüssig, gut nachvollziehbar begründet und widerspruchsfrei.
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Insgesamt hat das Landgericht infolgedessen die Klage zu Recht abgewiesen, sodass der Berufung der Erfolg versagt bleiben musste.“ (OLG Oldenburg, Urteil vom 01.10.2020, 1 U 122/19).