Das Amtsgericht Aurich hat einen Fußballspieler wegen Volksverhetzung verurteilt.
Es lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Es fand ein Fußballspiel zwischen einer deutschen und einer vorwiegend mit ausländischen Spielern besetzten Mannschaft statt. Einer der Spieler, der als Stürmer aktiv war, wurde von der anderen Mannschaft mehrmals gefoult und ist schließlich verletzt vom Platz getragen worden. Wohl wegen der aufgestauten Emotionen des Fußballspiels, den an ihm begangenen Fouls und schließlich wegen seiner Schmerzen schrie er: „Mit Euch scheiß Kanacken spiele ich nicht mehr“.
Eine solche Äußerung stellt den Strafrechtstatbestand einer Beleidigung dar.
Bei dem Tatbestand einer Volksverhetzung ist folgendes rechtlich wichtig:
Für eine Volksverhetzung muss ein Angriff auf die Menschwürde vorliegen.
Ein Angriff auf die Menschenwürde liegt vor, wenn dieser sich nicht nur gegen einzelne Persönlichkeitsrechte richtet, sondern den Menschen im Kern seiner Persönlichkeit trifft, indem er unter Missachtung des Gleichheitssatzes als unterwertig dargestellt und ihm das Lebensrecht in der Gemeinschaft bestritten wird (vgl. BGH 16,56, u.a.).
Auch für die Diskriminierung von Ausländern gilt, dass sie nur genügt, wenn sie gegen das Menschsein als solches gerichtet ist (vgl. Schönke/Schröder Strafgesetzkommentar, 24.Aufl., 1991, § 130, Rn.8).
Schließlich müssen die genannten Handlungen in einer Weise erfolgen,
die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
In vorgenannten Kommentar von Schönke/Schröder heißt es zum Begriff öffentlicher Frieden:
„Wohl aber reicht der öffentliche Friede insofern weiter, als er nicht nur die Erfüllung reiner Sicherheitsbedürfnisse voraussetzt. Zu ihm gehört vielmehr auch ein Mindestmaß an Toleranz und ein öffentliches Klima, in dem nicht einzelne Bevölkerungsgruppen zum geistigen Parias der Gesellschaft gemacht werden, und zwar unabhängig davon, ob auf diese Weise zugleich ein latentes Gewaltpotential produziert wird.“ (Schönke/Schröder, a.a.O. § 126, Rn1).
Dabei kommt es im konkreten Einzelfall (Art, Inhalt, Form, Umfeld der Äußerung; „Stimmungslage“ der Bevölkerung, politische Situation) darauf an, ob eine Gesamtwürdigung eine solche Besorgnis der Störung des öffentlichen Friedens rechtfertigt (Dreher,Tröndle, Strafgesetzbuch, 51.Aufl, 2003, § 130, Rn.13).
„Nach BGH 46, 212, 218f muss die Eignung ‚konkret’, wenn auch auf Grund ‚generalisierender Betrachtung’ festgestellt sein; es müssen berechtigte – mithin konkrete – Gründe für die Befürchtung vorliegen, der Angriff werde das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttern“ (vgl. Dreher/Tröndle, a.a.O.).
Das Amtsgericht Aurich hat vorliegend den Angeklagten wegen Volksverhetzung verurteilt.
Verfasser: RA Fliege
§ 130 Volksverhetzung
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1.zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
2.die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1.Schriften (§ 11 Abs. 3), die zum Haß gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, daß Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,
a)verbreitet,
b)öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht,
c)einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht oder
d)herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Buchstaben a bis c zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder
2.eine Darbietung des in Nummer 1 bezeichneten Inhalts durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste verbreitet.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
(5) Absatz 2 gilt auch für Schriften (§ 11 Abs. 3) des in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Inhalts.
(6) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, und in den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt § 86 Abs. 3 entsprechend.