Im vorliegenden Fall wurde eine Immobilie für 160.000 € verkauft. Die Käufer verpflichteten sich insoweit einen Betrag von 30.000 € bei Vorliegen der Vorkaufsverzichterklärung der Gemeinde und der Eintragungsnachricht der Auflassungsvormerkung zu zahlen. Bis zum Jahr 2014 sollten mit 6 % verzinste monatliche Zahlungen an die Verkäufer fliesen. Danach (im Jahr2015) sollte der Restkaufpreis fällig werden. Für den Fall, dass die Käufer mit zwei Monatsraten in Verzug geraten, können die Verkäufer vom Vertrag zurück treten. Die monatlichen Kaufpreisraten und Zinsbeträge werden als Nutzungsentschädigung angerechnet. In dem Fall verbleibt auch der gezahlte Betrag von 30.000 € bei den Verkäufern und wird als Nutzungsentschädigung verrechnet. (Sachverhalt vereinfacht dargestellt).
Ist so was rechtlich zulässig?
Das Oberlandesgericht Oldenburg sagt nein:
„
Die in § 2 des Kaufvertrages enthaltene Klausel, derzufolge im Falle eines verzugsbedingten Rücktritts der Verkäufer – über die ohnehin verfallenen monatlichen Zins- und Tilgungsraten hinaus – auch der von den Käufern vorab gezahlte Teilkaufpreis von 30.000 € bei den Verkäufern verbleibt und als Nutzungsentschädigung verrechnet wird, ist sittenwidrig.
Die Verfallklausel stellt eine unangemessene, die Beklagten einseitig begünstigende Regelung dar und ist deshalb nicht mit den guten Sitten zu vereinbaren. Zwar ist die grundsätzliche Zielrichtung der Bestimmung, die Käufer zu einer ordnungsgemäßen Zahlung der monatlichen Zins- und Tilgungsbeträge anzuhalten und den Verkäufern im Verletzungsfall eine erleichterte Schadloshaltung zu ermöglichen, nicht zu missbilligen. Tatsächlich knüpft die Verfallklausel jedoch nicht an einen etwaigen (verzugsbedingten) Schaden der Beklagten an. Die Klausel dient allein dazu, den Beklagten im Falle einer Rückabwicklung des Vertrages zu Lasten der Kläger den größtmöglichen Vorteil zu sichern. Sie können die von ihnen erbrachte Leistung vollständig zurückverlangen, ohne ihrerseits von den empfangenen Leistungen (vorab gezahlter Teilkaufpreis, monatliche Zins- und Tilgungsraten) etwas wieder herausgeben zu müssen. Insbesondere aufgrund des nicht durch ein besonderes Interesse der Beklagten gerechtfertigten Verfalls der vorab geleisteten Teilkaufpreiszahlung von 30.000 € führt die Regelung zu einer völlig unangemessenen Bereicherung der Beklagten. Die Regelung ist daher als einseitig und völlig unverhältnismäßig anzusehen, wobei eine verwerfliche Gesinnung der Handelnden zu vermuten ist. Die Verfallklausel verstößt daher gegen die guten Sitten und ist damit nichtig (vgl. BGH NJW 2009, 1135; NJW-RR 1993, 243/247).
Die Nichtigkeit der Verfallklausel führt hier nach § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrages.
Gemäß § 139 BGB ist ein Rechtsgeschäft bei Nichtigkeit eines Teils des Geschäfts insgesamt nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Davon, dass der vom Nichtigkeitsgrund betroffene Vertragsteil abgetrennt und der Vertrag im Übrigen wirksam ist, kann bei einem einheitlichen Rechtsgeschäft regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn die nach der Abtrennung verbleibenden Vereinbarungen ein selbstständiges Rechtsgeschäft bilden und anzunehmen ist, dass die Parteien bei Kenntnis der teilweisen Nichtigkeit ihrer Vereinbarungen dieses Rechtsgeschäft abgeschlossen hätten. Im Falle einer auf Sittenwidrigkeit beruhenden Nichtigkeit einer Klausel gelten dabei letztlich noch gesteigerte Anforderungen, da sittenwidrige Rechtsgeschäfte grundsätzlich als Einheit zu werten sind und nicht durch eine geltungserhaltende Reduktion mit dem zulässigen Inhalt aufrecht erhalten werden dürfen (vgl. BGH NJW 2001, 815/817; BGHZ 68, 204/207) In diesen Fällen kann ein Rechtsgeschäft daher nach § 139 Abs.1 BGB nur ausnahmsweise ohne den sittenwidrigen Teil aufrecht erhalten werden, wenn konkrete, über allgemeine Billigkeitserwägungen hinausgehende Anhaltspunkte den Schluss zulassen, dass ein Aufrechterhalten des Vertrages ohne die betroffene Regelung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht.
Derartige Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich aus dem (unstreitigen) Vorbringen der Parteien nicht, dass sie den Vertrag auch ohne die sittenwidrige Klausel abgeschlossen bzw. welche Regelung sie ggfls. an deren Stelle vereinbart hätten. Zwar haben die Parteien nicht ausdrücklich dazu vorgetragen, was sie in Kenntnis einer möglichen Sittenwidrigkeit der Verfallklausel vereinbart hätten. Aus dem unstreitigen Parteivortrag kann jedoch hinreichend deutlich entnommen werden, dass sie den Vertrag ohne die sittenwidrige Verfallklausel tatsächlich nicht geschlossen hätten. Entsprechend der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Kläger ist der Text des Kaufvertrages allein von den Beklagten ausgearbeitet worden, wobei die Beklagten bezüglich des Inhalts nicht verhandlungsbereit waren. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass auch die Verfallklausel auf Initiative der Beklagten hin in den Vertrag aufgenommen wurde und aus deren Sicht nicht verhandelbar war. Die Beklagten hätten den Vertrag demnach ohne die Verfallklausel nicht geschlossen. Hierfür spricht im Übrigen auch der ebenfalls unstreitige Umstand, dass der von der Verfallklausel umfasste Teilkaufpreis zu einem Großteil bei den Beklagten sogleich vom Finanzamt gepfändet und eingezogen worden ist. Die Beklagten wären danach auch im Falle eines von ihnen erklärten Rücktritts vom Kaufvertrag im Zweifel gar nicht in der Lage gewesen, den Teilkaufpreis an die Kläger zurückzuzahlen, so dass sie auf die Verfallklausel letztlich nicht verzichten konnten. Im Ergebnis kann daher nicht von einem mutmaßlichen Parteiwillen dahingehend ausgegangen werden, den Vertrag auch ohne die sittenwidrige Klausel abzuschließen bzw. aufrechtzuerhalten. Dem steht auch die formularmäßige salvatorische (Erhaltungs-)Klausel im notariellen Kaufvertrag nicht entgegen. Die Klausel entbindet das Gericht nicht von der Prüfung, ob die Parteien das Rechtsgeschäft auch ohne die Klausel abgeschlossen hätten (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl. § 139, Rn.17 m.w.Nachw.). Nur wenn dies bejaht werden kann und die nichtige Regelung für das streitige Geschäft nicht von grundlegender Bedeutung ist, führt eine salvatorische Klausel zu einer Teilnichtigkeit. Vorliegend muss schon wegen der Tatsache, dass die Beklagten den von der Verfallklausel umfassten Teilkaufpreis nach der Pfändung nicht mehr zurückzahlen konnten, von der grundlegenden Bedeutung der Klausel für den Vertrag ausgegangen werden. Auch die Erhaltungsklausel vermag den Vertrag daher nicht zu retten, so dass der Grundstücksvertrag im Ergebnis insgesamt nach § 139 BGB nichtig ist.
„ ( OLG Oldenburg, Urteil vom 3.7.2012 – 12 U 39/12 – z.Zt. Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH anhängig).
Grundsätzlich dürfte sowohl Käufer (=Mieter), als auch Verkäufer (=Vermieter) einer Immobilie es sich ernsthaft überlegen, einen Mietkauf abzuschließen. Der Grund für den Abschluss eines Mietkaufes einer Immobilie liegt in der Regel darin, dass der Käufer die Finanzierung der Immobilie nicht bei einer Bank durchbekommt. Damit tritt der Verkäufer mit dem Mietkauf im Ergebnis in die Rolle der Bank und hat damit auch den Ärger, wenn die Mietkaufpreisraten seitens des Mietkäufers ausbleiben. Eine Absicherung bzw. Kompensation des Verkäufers durch die Aufnahme von Verfallklauseln im Mietkaufvertrag steht das Risiko der Nichtigkeit dieser Klauseln entgegen (s.o.).
Es dürfte folglich viel dafür sprechen, von einem Mietkauf einer Immobilie die Finger zu lassen und entweder einer Immobilie zu mieten oder zu kaufen, aber nicht beides zugleich (=Mietkauf).