Sie ersteigern einen Artikel weit unter dem tatsächlichen Marktwert ?
Über einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 08.12.2006 – 19 U 109/06) zu entscheiden:
Der Verkäufer stellte bei ebay einen Rübenroder zum Startpreis von 1 € sowie mit der Sofort-Kaufen Option zu 60.000 € ein. Bei Angebotsende lag das Höchstgebot bei 51 €, worauf ebay den Vertragsschluss zu diesem Betrag bestätigte. Der Verkäufer erklärte dem Käufer, dass er das Angebot vor Angebotsende nicht hatte löschen können und der Rübenroder aber zwischenzeitlich anderweitig verkauft worden sei. Der Käufer machte daraufhin Schadensersatz gegen den Verkäufer geltend.
Der Verkäufer erklärte gegenüber dem Käufer die Anfechtung wegen Irrtums und erklärte den Vertrag wegen Sittenwidrigkeit für nichtig. Auch stellte er dem Gericht dar, dass die Durchsetzung der Ansprüche rechtsmißbräulich sei, weil der Käufer gar keinen Rübenroder einsetzen könne und nur geboten habe, um vom Käufer Schadensersatz zu fordern.
Das Oberlandesgericht gab der Klage statt und verurteilte den Verkäufer auf Schadensersatzzahlung gegenüber dem Käufer.
Das Gericht hat seine Entscheidung derart begründet:
Das Verkaufsangebot war nicht widersprüchlich, weil es die Möglichkeit vorsah den Rübenroder zu 1 € zu „ersteigern“ oder zu 60.000 € sofort zu kaufen. Nach Auslegung des Gewollten unter Heranziehung der ebay – Geschäftsbedingungen sind beide Veräußerungsarten nebeneinander möglich.
„In Anbetracht der von ebay eingeräumten Möglichkeit, beide Verkaufsarten miteinander zu verbinden, konnte und durfte der Kläger bei dem Angebot des Beklagten berechtigterweise davon ausgehen, dass dieser dementsprechend das ‚Auktions-‚ Format mit der ‚Sofort-Kaufen‘ – Option verknüpft hatte. Weder bei objektiver Betrachtungsweise noch von dem maßgeblichen Empfängerhorizont des Klägers aus gesehen war das Angebot damit widersprüchlich.“ (OLG Köln, Urt. vom 08.12.2006 – 19 U 109/06) ……. „Ein für den Kläger – wie hier – nicht erkennbarer Vorbehalt auf Seiten des Beklagten, sich für einen Preis von unter 60.000 € nicht binden zu wollen, ist gemäß § 116 BGB unbeachtlich.“ (OLG Köln, Urt. vom 08.12.2006 – 19 U 109/06)
Auch sah das Gericht eine Sittwidrigkeit des Geschäfts nicht als gegeben an. Hierzu hat es u.a. ausgeführt:
„Zwar besteht bei einem – wie hier – besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln aus verwerflicher Gesinnung, die in der Regel eine weitere Prüfung der subjektiven Voraussetzungen entbehrlich macht (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O., Rn 34 m.w.N.). Dies gilt aber nicht uneingeschränkt. Zu berücksichtigen sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles. Diese aber rechtfertigen bei Internetgeschäften der vorliegenden Art auch bei einem groben Mißverhältnis von Preis und Leistung nicht ohne weiteres den Rückschluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Käufers bzw. auf ein Ausnutzen einer Schwäche des Verkäufers.“ (OLG Köln, Urt. vom 08.12.2006 – 19 U 109/06) …………….
„Die Erwartung des Verkäufers, durch geschicktes Einstellen eines Artikels ein möglicherweise gutes Geschäft zu machen, und demgegenüber die Vorstellung des Bieters, im richtigen Moment zu einem besonders günstigen ‚Schnäppchen‘ zu kommen, gehören geradezu zum Wesen einer derartigen Vertragsanbahnung. Dem widerspräche aber, wenn der Wahl einer solchen Verkaufsplattform die Präsentation eines Artikels nur dann verbindlich sein soll, wenn auch ein ‚angemessener‘ Preis erzielt wird.“ (OLG Köln, Urt. vom 08.12.2006 – 19 U 109/06, Hervorhebung nachträglich).
Auch einen rechtlich relevanten Irrtum hat das OLG Köln abgelehnt:
“ Der Beklagte mag sich bei der Einstellung seines Angebost geirrt haben. An einem zur Anfechtung berechtigten Irrtum fehlt es indes mangels Fehlvorstellung, wenn der Erklärende die Erklärung in dem Bewußtsein abgibt, ihren Inhalt nicht genau zu kennen (vgl. OLG Hamm NJW 2001, 1142ff)“….. „Entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegründung reicht als Anfechtungsgrund auch nicht aus, dass der Beklagte ‚dachte, er hätte einen Artikel eingestellt zu einem Preis von 60.000 €'“.(OLG Köln, Urt. vom 08.12.2006 – 19 U 109/06).
Ergebnis: In der Regel hat der Verkäufer in einem solchen Fall schlechte Karten. Er hat den Artikel zu dem „Ersteigerungspreis“ dem Käufer zu verkaufen oder wenn er den Artikel an einen anderen nach Ablauf der Auktion verkauft hat, Schadensersatz zu leisten. Nur in Ausnahmefällen wird es dem Verkäufer möglich sein, den über ebay entstandenen Vertrag mit dem „Ersteigerer“ erfolgreich anzugreifen.
Meine Darstellungen ersetzen keine Rechtsberatung. Soweit Sie selbst moentan ein ähnlich gelagertes Problem haben, sollten Sie sich konkret auf Ihren Fall bezogen anwaltlich beraten lassen.