Wenn Sie mit Ihrem Anwalt ein Prozess verloren haben oder sich von Ihrem Anwalt falsch vertreten fühlen und Ihnen schon ein Schaden entstanden ist, sollten Sie erwägen, sich von einem mit Anwaltshaftungsrecht befassten Rechtsanwalt beraten zu lassen, ob bei Ihnen Chancen bestehen, den Prozess unter anderem Vorzeichen doch noch zu gewinnen oder wenigstens die meist hohen entstandenen und von Ihnen schon bezahlten Verfahrenskosten wieder zu bekommen.
Folgende Fälle treten kommen u.a. in Betracht:
Sie sind der Meinung, Ihr Anwalt hat nicht richtig gearbeitet und hätte bei richtigem Darstellung Ihres Falles beim Gegner oder vor Gericht den Fall für Sie gewonnen.
Sie müssen dabei folgendes beachten:
Ihr Anwalt bearbeitet den Fall selbstständig. Er kann und muss in Ihrem eigenen Interesse Informationen, die er von Ihnen oder von Anderen erhalten hat, filtern. Der Anwalt kann deshalb selbst entscheiden, was für die Rechtsverfolgung wichtig ist und was nicht.
Hat der Anwalt in Ihren Augen unzureichend vorgetragen, muss erst festgestellt werden, ob die nicht vorgetragenen Tatsachen, für den Ausgang des Verfahrens überhaupt rechtlich entscheidend waren. Wenn dies so ist, muss weiter geprüft werden, ob diese weggelassenen Tatsachen von der anderen Seite als richtig anerkannt worden wären oder sonstwie bewiesen hätten werden können.
Hier gilt das Gleiche, wie auch sonst: Sie müssen grundsätzlich, die für Sie günstigen, also die Gründe, aus denen sich Ihr Anspruch gegen den Anwalt herleiten, beweisen.
Haben Sie ihm eine Pflichtverletzung(en) nachgewiesen, müssen Sie beweisen, dass der Anwalt bei vollständigen Vortrag, die Klage für Sie gewonnen hätte. Sie müssen folglich all das beweisen, was Sie im Vorprozess auch beweisen mussten, um Ihren Anspruch durch zu bekommen. Hieran scheitern solche Art von Anwaltshaftungsprozesses häufig.
Die Gegenseite hat vor Beginn des Gerichtsverfahrens oder im Gerichtsverfahren selbst einen Vergleichsvorschlag abgegeben, den Sie wegen nicht erfolgter oder unrichtiger Beratung Ihres Anwalts nicht angenommen haben.
Voraussetzung für eine Haftung des Anwalts ist hier, dass bei verständiger Würdigung Ihres Falles ist nahe gelegen hätte, dass Sie den Vergleich bei richtiger Beratung durch Ihren Anwalt (zu den Vor-und Nachteilen der Annahme eines Vergleichs (vor Allem richtige Beurteilung Ihrer Erfolgsaussichten bei Nichtannahme des Vergleichs).
In dem Fall ist es Aufgabe des Anwalts anhand von Gesprächsprotokollen, Telefonnotizen oder sonst wie darzulegen, wann Sie entsprechend von ihm beraten wurden und Sie trotz dessen Ausführungen den Vergleich nicht annehmen wollten.
Ihr Anwalt hat Sie zu einem Vergleich gedrängt.
Hier ist zu sehen, ob unter Berücksichtigung aller Ihrem Anwalt zum damaligen Zeitpunkt (Abschluss des Vergleichs) bekannten Umstände des Falles es bei objektiver Würdigung des Falles ratsam erscheinen musste, Ihnen den Vergleich zu empfehlen oder nicht. Hier wird es häufig zwischen Ihnen und Ihrem Anwalt streitig sein, von welchem Sachverhalt hier auszugehen ist und ob dieser Sachverhalt auch gegenüber dem Gegner hätte bewiesen werden können. Hoer ist wieder auf den ersten Gliederungspunkt zu verweisen.
Hätte er Ihnen danach die Annahme des Vergleichs nicht empfehlen dürfen, haftet er dem Grunde nach. Sie müssen beweisen, welche finanziell messbaren Schäden Sie durch die Falschberatung erlitten habe.
Sie haben einen Vergleich abgeschlossen. Hier kam es zu Fehlern zu Ihren Lasten, die nicht mehr korrigiert werden können.
Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
a.) In einem Fall, in dem der Richter in einem Gerichtstermin den Fall und die seiner Auffassung bestehenden Erfolgsaussichten der Parteien und seine Sicht der Dinge mit den Parteien umfassen erörtert; Sie schließen mit dem Gegner vor Gericht daraufhin einen Vergleich ab und bereuen es im Nachhinein, ist es wohl meist schwierig, dem Anwalt einen Fehler nachzuweisen. Hier ist allerdings zu beachten, dass Vergleichsverhandlungen bei Gericht häufig zu Beginn des Verfahrens stattfinden. Dem Richter liegen in dem Verfahrensstadium von jeder Partei ein oder zwei Schriftsätze vor. Beide Seiten haben ihre Auffassung und ihre Beweisanträge dargestellt. In die Beweisaufnahme ist das Gericht bis dato in der Regel noch nicht eingestiegen. Muss Ihr Anwalt bei einer für Sie positiven Beweislage, weil der Gegner seine Position nicht beweisen kann oder Sie alles beweisen werden können, davon ausgehen, dass Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit den Prozess gewinnen werden, hat er Sie darüber zu informieren – bevor – Sie den Vergleich abschließen.
Wollen Sie dann immer noch, ist dem Anwalt nichts vorzuwerfen. Vor jedem Vergleichsabschluss hat der Anwalt Sie über das (rechtliche) Für und Wider des im Raume stehenden Vergleichs umfassen aufzuklären.
b) Sie waren sich in der Vorkorrespondenz mit dem Gegner einig, wie der Vergleich aussehen soll.
Aus irgendwelchen Gründen und ohne dass Sie oder Ihr Anwalt es in dem Gerichtstermin merkten, kam ein anderer für Sie nachteiligerer Vergleich zustande und ist vom Gericht protokolliert worden.
Kann Ihr Anwalt durch einen Berichtigungsantrag oder auf anderem Wege den Vergleich nicht mehr im Nachhinein korrigieren, wird es davon abhängen, ob Sie in dem Gerichtstermin persönlich anwesend waren und ob Sie den aufgetretenen Fehler – ohne Weiteres – auch hätten bemerken können. In dem Fall dürfte eine Haftung gegen den Anwalt ausgeschlossen oder Ihnen eine erhebliche Mithaftungsquote zuzurechnen sein. Genauso müsste man den Fall sehen,wenn Ihr Anwalt den Vergleich in Ihrer Abwesenheit auf Widerrufsvorbehalt angenommen hat und Ihnen der Vergleich schwarz auf weiß vor Ablauf der Widerrufsfrist vorlegen hat.
In allen anderen Fällen haftet der Rechtsanwalt dem Grunde nach. Für einen Haftungsanspruch müsssen Sie dem Anwalt zusätzlich beweisen, dass Ihnen durch den abgewandelten Vergleichsschluss ein finanziell messbarer Schaden entstanden ist.
Ihr Anspruch war schon verjährt.
Ihr Anwalt verklagt den Gegner und der Gegner beruft sich auf Verjährung und der Richter sieht das auch so. Sie verlieren in dem Fall den Prozess und müssen die Verfahrenskosten tragen.
Soweit Ihr Anwalt Sie nicht über die Risiken nachweisbar aufgeklärt hat, einen verjährten Anspruch geltend zu machen, haftet er Ihnen gegenüber. Soweit Sie vortragen, dass Sie bei richtiger Aufklärung über den verjährten Anspruch diesen dem Gegner gegenüber nicht geltend gemacht hätten, haftet Ihr Anwalt auf Erstattung der Ihnen entstandenen Verfahrenskosten (Gerichtskosten + Anwaltskosten).
Schildern Sie Ihrem Anwalt im Erstberatungsgespräch den gesamten Sachverhalt und legen ihm alle relevanten Unterlagen vor und schreibt der Anwalt dann trotz klar erkennbarer eingetretener Verjährung den Gegner an – ohne Sie vorher über die Risiken des verjährten Anspruchs zu informieren, haftet er auf die hierbei entstandenen Kosten (Geschäftsgebühr für ihn und für den Anwalt der Gegenseite, wenn Sie vortragen, dass Sie bei richtiger Beratung von rechtlichen Schritten Abstand genommen hätten.
Ihr Anwalt verschläft laufende Fristen
In allen Verfahren (Bußgeld-, Verwaltungs-, Strafverfahren, Zivilverfahren) laufen Fristen. Verschläft Ihr Anwalt eine solche Frist, stellt dies eine Pflichtverletzung dar. Der Anwalt ist in dem Fall verpflichtet, durch Einleitung der in Frage kommenden Schritte (z.B. Wiedereinsetzungsantrag) zu versuchen, seinen Fehler wieder zu heilen. Schafft er das nicht liegt eine anwaltliche Pflichtverletzung vor. Auch in dem Fall liegt der Schwerpunkt / Schwierigkeit darin, ob Ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist. Es muss folglich im Nachhinein festgestellt werden, wie das Verfahren bei richtigem Verhalten des Anwalts ausgegangen wäre. Dies kann sich mitunter als schwierig erweisen.
Grundpflichten des Anwalts
Die anwaltlichen Grundpflichten eines Anwalts sind laut § 43a BRAO: Unabhängigkeit, Verschwiegenheit, Sachlichkeit, das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen, Sorgfaltspflichten beim Geldverkehr und die Verpflichtung zur Fortbildung.
Hinweis: Dies ist keine individuelle Rechtsberatung. Der Artikel soll Ihnen einen Kurzüberblick über die Anwaltshaftung verschaffen. Zur Bewertung eines konkreten Falles bedarf es einer anwaltlicher Beratung von einem in der Hinsicht qualifizierten Rechtsanwalt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Darstellung wird keine Haftung übernommen.