Die Anwaltshaftung rückt in den Blick, wenn man mit den Leistungen und dem Ergebnis seines Anwalts nicht zufrieden war.
Hier gilt folgendes:
Der Anwalt bekommt immer seine Vergütung, die sich aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und den zugehörigen Gebührentabellen herleiten (RVG) lässt. Damit ist gewährleistet, dass jeder Anwalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Fall grundsätzlich die gleiche Vergütung bekommt. Es kann allerdings zwischen Mandant und Rechtsanwalt auch eine über den Gebührensätzen des RVG liegende Rechtsanwaltsvergütung vereinbart werden.
In manchen Fällen kann der (unzufriedene) Mandant im Nachhinein allerdings seinen Anwalt auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Dies setzt vor allem voraus, dass der Anwalt sich bei dem Mandat pflichtwidrig verhalten hat, ein Schaden vorliegt und der Schaden aus dem pflichtwidrigen Verhalten des Anwalts entstanden ist.
Jeder Anwalt hat für einen solchen Fall eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abgeschlossen.
a.) Der Anwalt hat seinen Mandanten fachlich zu beraten und ihn auf die Risken des Falls hinzuweisen. Insbesondere ist vom Anwalt auf den Lauf von Fristen zu achten. Soweit der Mandant einen bereits verjährten Anspruch geltend machen möchte, hat der Anwalt hierüber aufzuklären und von einem Gerichtsverfahren nachdrücklich abzuraten. Soweit unklar ist, ob eine
solche Aufklärung statt gefunden hat, muss dies in einem nachfolgenden Verfahren der Anwalt beweisen. Im Gerichtsverfahren hat der Anwalt den rechtlich sichersten Weg für seinen Mandanten zu beachten.
Ein klarer Fall von anwaltlichem Fehlverhalten ist das Versäumen von Verfahrensfristen (z.B. verspätete Verteidigungsanzeige im Zivilverfahren, Widerspruchs- oder Berufungsfrist). Eine anwaltliche Pflichtverletzung liegt auch dann vor, wenn in einem Gerichtsverfahren entweder die Rechtslage verkannt oder entscheidungserhebliche Tatsachen nicht vorgetragen werden.
Wird ein Gerichtsverfahren verloren, weil der Anwalt falsch oder unzureichend vorgetragen hat, muss ihm dies bewiesen werden.
b.) Der hypothetische Prozessverlauf eines Verfahrens, das wegen einer anwaltlichen Pflichtverletzung nicht geführt wurde, kann nicht konkret beurteilt werden, da man im Allgemeinen nicht nachvollziehen kann, wie ein Gericht im Vorprozess entschieden hätte, wenn es mit dem Prozessstoff befasst gewesen wäre, der ihm tatsächlich nicht zur Entscheidung vorgelegen hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Beurteilung, wie ein Gericht im Vorprozess entschieden hätte maßgeblich, wie es nach Auffassung des jetzt über den Schadensersatzanspruch erkennenden Gerichts richtigerweise hätte entscheiden müssen (u.a. BGH NJW 1996, 48 (49); BGH NJW 2001, 146; Borgmann, Jungk, Grams, Anwaltshaftung, a.a.O., § 29, Rn.97 mit weiteren Nachweisen).
Grundsätzlich ist von dem Sachverhalt auszugehen, der dem Gericht des Vorprozesses bei pflichtgemäßen Verhalten des Prozessbevollmächtigten unterbreitet und von dem Gericht aufgeklärt worden wäre (BGH NJW 1987, 3255). Dabei gilt die Darlegungs- und Beweislast des Vorprozesses mit gewissen Erleichterungen für den Geschädigten (vgl. Borgmann, Jungk, Grams, Anwaltshaftung, a.a.O., § 29, Rn.99 mit weiteren Nachweisen). Was damals die Gegenseite zu beweisen hatte, muss nunmehr der in Anspruch genommene Anwalt beweisen.
c.) Es muss ein Schaden entstanden sein. Soweit bewiesen werden kann, dass bei ordnungsgemäßem Verhalten des Anwalts das Gerichtsverfahren gewonnen worden wäre, hat der Anwalt sämtliche entstandenen Verfahrenskosten sowie den geltend gemachten Anspruch zuersetzen. Anders liegt der Fall, wenn der Mandant bei richtiger Aufklärung durch den Anwalt wegen
fehlender Erfolgsaussicht kein Verfahren eingeleitet hätte. Als Schaden kommen dann nur die unnütz aufgewendeten Verfahrenskosten in Betracht. Bei der konkreten Schadensberechnung bedarf es nicht der Festlegung eines bestimmten Stichtages. Vielmehr sind grundsätzlich alle adäquaten Folgen des haftungsbegründenden Umstands bis zum Zeitpunkt der letzen mündlichen Tatsachenverhandlung in die Schadensberechnung einzubeziehen (u.a. BGH NJW 1994, 314).
d.) Wenn der eigene Anwalt in einem solchen Fall in Anspruch genommen wird, macht er meist geltend, dass sein damaliger Mandant wegen des verlorenen Prozesses erst einmal in Berufung gehen müsse, bevor er den eigenen Anwalt in Anspruch nimmt. Im Berufungsverfahren kann neuer Tatsachenstoff nur sehr eingeschränkt noch in das Verfahren eingebracht werden. Ist der Vorprozess folglich wegen unzureichendem Vortrag des Anwalts verloren worden, muss der Mandant nicht zwingend ein (in der Regel dann aussichtsloses)Berufungsverfahren durchführen. Soweit der Mandant auf Zuraten seines neuen Rechtsanwalts deswegen eigentlich kein Berufungsverfahren durchführen möchte, sollte er allerdings dem Anwalt innerhalb der
Berufungsfrist die Möglichkeit einräumen, eine Prozesskostenfreistellungserklärung für das Berufungsverfahren vorzulegen. Liegt diese dann vor, ist das Berufungsverfahren durchzuführen. Wird diese nicht überreicht, kann der Anwalt sich nicht auf Mitverschulden seines Mandanten berufen.
Ein Rechtsanwalt, dem ein Fehler unterlaufen ist, aus dem seinem Auftraggeber ein Schaden droht,
muss zusätzliche honorarfreie Leistungen erbringen, sofern sich der Schadenseintritt nur auf diese Weise verhindern lässt.
(BGH, Urt. v.10.2.1994 – IX ZR 109/93, NJW 1994, 1472).
Ist der Schaden aus vom Anwalt zu verantwortenden Gründen bereits eingetreten, besteht jedoch berechtigte Aussicht, ihn durch einen zweiten Prozess zu beseitigen oder zu verringern, hat der Anwalt auf Grund der ihn nach § 249 BGB treffenden Ersatzpflichten seinem Mandanten die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, sofern er ihn nicht auf andere Weise entschädigt (BGH, Urt.v.21.9.2000, IX ZR 439/99, NJW 2000, 3560). Nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats ist ein Schaden bereits dann eingetreten, wenn eine ansonsten begründete Klage wegen eines Anwaltsfehlers abgewiesen wird. Rechtskräftig braucht die Abweisung nicht zu sein
(u.a. BGH, Urt.v. 8.12.1999 – IX ZR 129/99, NJW 2000,1263, 1264; Urt. v. 27.1.2000 – IX ZR
54/98, NJW 2000,1267).
Ein Anwaltshaftungsverfahren birgt für den dort tätigen Anwalt das (hohe) Risiko, dass das Gericht aufzeigt, dass das Anwaltshaftungsverfahren der falsche Weg war. In dem Fall droht ein zweites Anwaltshaftungsverfahren. Deshalb sollte vor Durchführung eines Anwaltshaftungsverfahrens die Angelegenheit genau überprüft und die Risiken/Erfolgsaussichten mit dem Mandanten detailliert besprochen werden.
>Ausführungen des von mir auf Klägerseite geführten Verfahrens des OLG Oldenburg,
Urteil vom 24.07.2007 – 12 U 25/07:
„Der Anwalt schuldet dem Mandanten eine zutreffende und erschöpfende Beratung über das Prozessrisiko.
Bietet sich in einem Rechtsstreit die Möglichkeit eines Vergleichsabschlusses, muss er den Mandanetn über die Erfolgsaussichten des Prozesses aufklären und ihn vor diesem Hintergrund darüber beraten, ob der Vergleich einem Urteil vorzuziehen ist. Allerdings steht dem Anwalt bei dieser Beratung grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Gestaltungsspielraum zu. Die Entscheidung der Frage, ob den Interessen des Mandanten mit einem Vergleich gedient ist, erfordert vielschichtige Überlegungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Der Anwalt hat auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen eine Prognose zu treffen, wie ein Rechtsstreit möglicherweise ausgehen wird. Auf dieser Grundlage muss er prüfen, ob ein Vergleich vorteilhaft ist. Hierbei darf er nicht durch übertriebene Anforderungen an seine Berufsausübung eingeengt werden. Denn die Prognose ist vielfach unsicher und mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Mitunter kann es sogar angezeigt sein, ein für den Mandanten nachteiliges Vergleichsangebot auszuschlagen, auch wenn bei einer streitigen Entscheidung ein Prozessverlust droht. Würde man den Anwalt wegen jedem sich im nachhinein als nachteilig herausstellenden Vorgehen einem Schadensersatzanspruch aussetzen, würde dies praktisch das Ende jeder außergerichtlichen Vergleichspraxis bedeuten (BGH VersR 1968, 450,451). In der unterlassenen Raterteilung für einen Vergleich kann daher nur dann ein Pflichtverstoß liegen, wenn zum Zeitpunkt der Vergleichsverhandlung objektive Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, das der Vergleich eindeutig günstiger ist als eine Entscheidung durch das Gericht.“……
……..Die Anwälte „schuldeten nicht nur einen Rat, sondern auch eine umfassende und zutreffende Aufklärung über die Erfolgschancen. Sie hätten die Kläger im Zusammenhang mit der Übermittlung des Vergleichsabschlusses über die Risiken des Prozessausgangs belehren müssen, und zwar unter Einbeziehung des Beweisergebnisses. Nur hierdurch wären die Kläger in der Lage gewesen, eigenverantwortlich zu entscheiden, ob sie den teilweise nachteiligen Vergleich dem eventuell drohenden vollständigen Verlust des Prozesses vorziehen wollten.“…..
…“Die Beklagten sind daher verpflichtet, die Kläger so zu stellen, als ob diese den Rat bzw. zumindest den rechtlichen Hinweis erhalten hätten. Die Kläger können insoweit die Vermutung für sich in Anspruch nehmen, dass sie dem Vorschlag gefolgt wären und dass es sodann zu dem Vergleich gekommen wäre.“
…“Die Beklagten müssen die Kläger so stellen, wie diese bei pflichtgemäßer Beratung stehen würden (BGHZ 98,212,217).“